Donnerstag, 29. Oktober 2015

Abschied nehmen


Es ist doch schon so, dass der Herbst eine gewisse Melancholie und viele Abschiede mit sich bringt; sei es nun vom Tageslicht oder von den warmen Temperaturen, von den Lieblingsshorts oder den Feierabenden, die man mit Freunden am Fluss unten verbracht hat. Ebenso von grünen Baumkronen, die sich erst wunderschön orange-rot oder gelb verfärben, um dann ihre Blätter zu lassen.
Ich musste mich heute ebenso verabschieden und zwar von einem Menschen, der mir über einen bestimmten Zeitraum und auch in den letzten drei Jahren immer wieder Kopfzerbrechen und manchmal auch ein klein wenig Herzschmerz bereitet hat. Immer weniger, aber doch von Zeit zu Zeit. Damals in einem Spätsommer haben wir uns mit der - vermeintlichen - Gewissheit noch alle Zeit der Welt zu haben verabschiedet und uns dann nie mehr wieder getroffen, so lange bis wir uns irgendwann total fremd geworden und uns kaum noch gegrüsst haben auf den Strassen.

Sich fremd werden. Da ich jetzt wieder bei meinen Eltern wohne, begegne ich wieder viel mehr Leuten, die ich vielleicht vor einigen Jahren noch gekannt habe, mit denen ich in der Primarschule oder Oberstufe war, die ich vom Handball kenne oder mit denen ich manchmal die Sommerabende verbracht habe; bekannte Gesichter, Kollegen bis hin zu Freunden. Mit vielen hatte ich schon zuvor keinen grossartigen Kontakt mehr und doch: Man hat sich ab und an auf den Strassen oder im Supermarkt gesehen, ist einmal die Woche zusammen Zug gefahren oder hat den gleichen Bus genommen. Nachdem ich jetzt allerdings ein Jahr weg war und auch diese zufälligen, jedoch stetigen Begegnungen weggefallen sind - da ist man sich schnell mal fremd geworden. Man winkt sich noch oder lächelt sich zu, aber man setzt sich nicht mehr ins gleiche Abteil oder nimmt vielleicht sogar das Smartphone zur Hand, um beschäftigt auszusehen, um ja nicht in diese peinliche Smalltalk-Situation à la "Hey, wie geht's dir? Ah ja, und was machst du jetzt?" zu kommen und danach weiss man dann doch nicht mehr so genau, was man sagen soll. Sehr erzwungen und unangenehm, das Ganze.


Und genau das ist bei dieser Person und mir passiert: Wir sind uns fremd, fast schon unangenehm geworden, irgendwie anstrengend. Was ich nicht wollte, war es von dieser Person das alte Bild im Kopf zu behalten; ich wollte mir ein neues, vielleicht (oder: hoffentlich) besseres Bild schaffen, um dann sagen zu können: Das kann ich akzeptieren so. Das ist uns auch gelungen und ich kann jetzt beruhigt weitergehen und dieses Kapitel in meinem Leben endgültig abschliessen.

Schritt für Schritt.
Nachmittags bin ich dann nach Laufenburg gefahren, um dort mal wieder einen Spaziergang dem Rhein entlang zu machen; seit dem letzten Mal ist schon wieder einige Zeit - es dürften sogar schon zwei Jahre sein - vergangen und ich habe ganz vergessen wie schön der Herbst dort unten ist. Ich habe mich ans Wasser gesetzt und eines meiner momentan liebsten Lieder gehört und zwar: Let It Go von James Bay. Wie passend doch auch der Titel und sowieso der ganze Text.
Schritt für Schritt geht es jetzt auch für mich weiter. Dienstags starte ich an meinem neuen Arbeitsort und freue mich schon sehr darauf, denn ja: Ich liebe meinen Beruf. Ich mache das gerne und freue mich, wenn ich wieder in die Welt der Bücher abtauchen kann. Ich denke, darüber werde ich auch bald mal einen Post schreiben... Vielleicht einige der Bücher vorstellen, die ich zuletzt gelesen habe - da waren nämlich einige Goldstücke dabei - und wieso genau ich Buchhändlerin geworden bin, was ich daran liebe und was manchmal auch sehr nervig ist. Wär das was? Jedenfalls werde ich mich sicher bald wieder melden, um zu berichten wie es in der Buchhandlung so ist und wie ich damit klarkomme.

Geniesst den Herbst und die letzten Sonnenstrahlen, geht spazieren und mit lieben Leuten Kaffee oder Tee trinken. Trefft Leute, die ihr schon lange mal wieder sehen wolltet und schreibt Briefe, in denen ihr Dinge los werdet, die ihr nicht über die Lippen bringen könnt. Sucht euch ein Buch aus oder lasst euch etwas empfehlen und geniesst das Lesen. Das Leben ist doch eigentlich ganz schön, oder?

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen